Notizen über die
Angst und die Angstlosigkeit
„Sie fürchten
die Natur
sie fürchten die
Vernunft
sie fürchten die Erotik
sie fürchten die
Wahrheit
sie fürchten die Freude
sie fürchten die Götter
sie fürchten den
Menschen
sie fürchten die Antike
sie fürchten den
Gedanken
sie fürchten die
Freiheit
sie fürchten die
Vielfalt
sie fürchten die Suche
sie fürchten ihr Ende
und Angst säen sie
deshalb
in deren Untertanen
Seele“
Die menschliche Gewalt, der Hass, die
Wut, die Aggressivität, die Vorurteile, basieren auf
Angst und Unsicherheit. Letztere sind für den
Menschen die größten Hindernisse für seine Freiheit,
innere Ausgelassenheit, Unabhängigkeit und seine
Glückseligkeit.
Die Angst ihrerseits basiert auf
Unwissenheit und den Selbstbetrug einer nicht
existierenden egoistischen Individualität
(z.B. persönliche Seele ), die uns vortäuscht
abgetrennt vom Weltall, seinen Prozessen und
seiner Substanz zu sein, abgetrennt und entfremdet
vom Ganzen.
Die Angst basiert auf einem willkürlichen
Komplex von Eigenschaften der Persönlichkeit, die
nichtnachdenkende Menschen als das „Ich“ annehmen.
Ein veraltetes und seichtes „Ich“, völlig ohne
jegliche vereinigende Beziehung, welches anstrebt
die natürliche Welt als ein unbegreifliches,
beunruhigendes, undurchdringliches und bedrohliches
Etwas zu erleben. Grundvoraussetzung für das
Vorhandensein der Angst ist, dass man schon das
Gefühl der Entfremdung und
Abgetrenntheit/Besonderheit hat.
Die Angst und die Unsicherheit sind
Synonyme. Alle Menschen (und Systeme) werden letzten
Endes angsterfüllt, sobald sie merken, dass sie
unfähig sind ein zusammenhaltendes Bild von sich
selbst zu gestalten, viel mehr noch wenn
dieses Bild nicht geschrumpft sein soll in einem
nicht vorhandenen „Ich“.
Wer sich unsicher fühlt, entfaltet sich
zur einer individualisierten
Persönlichkeit(2), „mauert“ sich
erschrocken hinter sein „Ich’’,
wird ein Egoist. Klassischer Fall einer solchen „
Mauer „ ist das Christentum, denn es orientiert den
Gläubigen ausschließlich „seine„ Seele zu
„retten“.
Dieses gilt sowohl für einfache Personen
als auch für Nationen, Religionen oder andere
menschliche Vereinigungen. Der Egoismus der
Religionen äußert sich in „dogmatischer
Boshaftigkeit“, d.h. Definition angeblicher
Orthodoxien (rechter Glaube) und Verfolgung
angeblicher Andersgläubigkeiten. Das
Christentum, nicht nur von der Natur
entfremdet, sondern auch ein erklärter Feind der
Natur, spielt auch in diesem Prozess die führende
Rolle.
Die letzte und grundlegende Angst ist die
Angst vor dem „Unbekannten „ (das oft als die
Dunkelheit abgebildet wird, in der der
menschliche Verstand sich fast alles vorstellen
kann: Gutes und Böses). Die Angst vor dem
„Unbekannten“ ist im Grunde eine Angst vor allem was
sich außerhalb des „Ich“ befindet oder aber
außerhalb der erforschbaren Teile des „Ichs“. Die
Angst vor dem Unbekannten ist die Vorstufe der Angst
vor dem Fremden, vor dem Andersartigen.
Die Fremdenfeindlichkeit(= Fremdenangst)
führt Menschen oder Gemeinschaften zur einer
gefühlten „Bedrohung“ vor unbekannten Zuständen,
oder unbekannten Menschen. Aus dieser gefühlten
Bedrohung entspringen der Rassenhass, die religiöse
Intoleranz und willkürliche Angriffe jeder Art.
Der Angsterfüllte fürchtet das Natürliche
schlechthin, d.h. die Auffassung der Welt als
Bewegung, er fürchtet die Idee einer ewigen
Verwandlung aller und verweigert diese anzunehmen,
alles anklagend was ihm Angst macht als etwas
angeblich „Unbekanntes“. In der Angst vor eben
diesem „Unbekanntem“ ist hauptsächlich die große
Angst des Verlustes des „Ichs“ beinhaltet, der Angst
schlechthin, der Angst vor dem Tod.
Die Angst überflutet die Menschen mit
einem doppelten widersprüchlichen Gefühl und stößt
sie zur einer Art Schizophrenie, wo die völlige
Entfernung von der Logik und das Wirkliche
einhergeht mit einer Absorbierung durch das
Fantasieren und die Illusion. Die Angst schafft die
Logik ab und verdreht die Wahrnehmung, kann also nur
bekämpft werden durch Wissen und Vertrautheit
mit der Natur oder mit dem Rationalismus kurz
gesagt durch Respekt gegenüber der Natur oder dem
philosophischen Gedanken.
Jedes egoistische Individuum bzw. jede
egoistische Gemeinschaft ist verurteilt
ungeheuerliche Mengen an Energie, Gedanken, Zeit und
materieller Ressourcen zu verschwenden um eine
Illusion äußerer Sicherheit sicherzustellen.
Jede Entfaltung zur einer
individualisierten Persönlichkeit (2) ist
zwangsläufig voller Illusionen. Die Angst vor dem
Verlust des „Ichs“ (einer ohnehin weiteren Illusion)
verursacht eine Anziehungskraft auf weitere
Illusionen aller Art.
Jede Entkleidung der Menschen von der
gemeinschaftlichen Unterstützung ihrer Identität,
jedes Entfernen von der vergötterten und in ihrer
Dimension politischen Gemeinschaftlichkeit, welche
die vorchristianisierte Menschheit festgelegt hat,
führt diese Menschen zur einer Entziehung jeder
Substanz und Unterbaus ihrer Existenz. Die Leere
verwandelt sich in Angst vor und weiter noch in Hass
gegen das Fremde (die zwei letzten Formen sind was
wir als Fremdenangst erwähnt haben). Die
angsterfüllten Menschen (aber auch Gemeinschaften)
verabscheuen die Wahrheit, die objektive
Wirklichkeit, den unmittelbaren Kontakt mit
der inneren und äußeren Natur, Alles in Allem
hassen sie alles Fremde und Unterschiedliche
zu ihrer inneren Leere, die sie verfolgt.
Wer fürchtet, endet zwangsläufig als
Angstexporteur.
Die Herrschenden benutzen Religionen, die
Angst propagieren, wie auch Bewusstseins -
Massen-Umformungs-Medien, die darauf zielen die
Vermehrung des Misstrauens, des Gefühls der Schwäche
und der Angst der Untertanen zu vermehren.
Die Angst ist eine unerschöpfliche
Quelle, wovon jedes System der Beherrschung und
Ausbeutung des Lebens Energie schöpft. Die
tückischsten Formen der Angst sind jene, die diese
gleichmäßig verteilen, so dass die Angst als ein
sozusagen „natürlicher„ Zustand der Menschen
wahrgenommen wird.
Die Vermittlung der
Verteilungsmechanismen der Angst unterscheidet
nun mehr die angsterfüllten Menschen in
„von selbst „ angsterfüllt und „durch
Programmierung“.
Das Fließen der Angst erscheint (ohne,
dass dem so ist) endlos. Gleichzeitig jedoch ist es
auch (nachweislich) besonders zerbrechlich. Die
meisten durch Programmierung angsterfüllten Menschen
erschrecken hauptsächlich durch die einfache
Wahrscheinlichkeit, dass es eine Leere der Angst
geben kann, wie auch durch das Bewusstwerden der
tragischen Zerbrechlichkeit dessen, was sie als
ihren „natürlichen“ Zustand zu
betrachten programmiert wurden.
Die durch Programmierung angsterfüllten
Menschen zittern vor einer obligatorischen
Selbstverantwortung/Selbstbestimmung oder vor der
Wahrscheinlichkeit des Endes ihrer Lethargie.
Wer sich fürchtet wird zwangsläufig zum
Fanatiker.
Ein Teil des Fanatismus rührt von der
Angst des Fanatikers, dass er sich möglicherweise
irrt. Der Fanatiker ist dazu verurteilt eine (in der
Regel nicht existierende) Identität krampfhaft
zu verteidigen und diese fast fetischistisch
anzubeten.
Der Fanatiker versucht sich selbst zu
überzeugen, dass das, woran er glaubt, das
Richtige ist mit der Illusion, dass, je mehr
Menschen an dasselbe glauben, umso richtiger und
gerechter wird dieses. Der Fanatiker wird von
einem missionarischen Geist verfolgt, von einem
Geist für Bekehrung.
Der angsterfüllte Mensch bzw. die
angsterfüllte Gemeinschaft haben fast nie den Mut
etwas völlig Neues oder Unbekanntes auszuprobieren,
sondern im Gegenteil, sie haften trotzig an
ausschließlich bekannten Gewohnheiten und
Vertrautheiten. Ihr Leben vermisst das Element der
Entwicklung, ist langweilig, zyklisch, untätig,
geschmacklos und fade, darum auch die schon erwähnte
Hinwendung zur Illusion und der Ausbruch in
Träumereien/Phantasien.
Dieses angsterfüllte Haften an Bekanntem
darf nicht verwechselt werden mit dem natürlichen
Respekt vor der Tradition, d.h. das Wertesystem und
Ethos (Sitten und Bräuche), die jemand befolgt, als
ein organisches Teil eines lebenden Ethnos
(Ethnos =Nation, darf nicht mit dem Begriff
Nation wie dieser- nachdem das Christentum die
Ethnien gewaltsam zerstört hatte- mit der
französischen Revolution neu aufkam 1). Die Ethnien
(Nationen) gehören kulturell zum Paganismus, d.h.
jenem Teil der menschlichen Kultur, die gesteuert
werden durch ganzheitliche Sicht der Dinge,
Furchtlosigkeit, Gefälligkeit und Offenheit.
Die Menge der Ethnien, die Ethnosphäre,
verkörpert die Vielschichtigkeit und der Paganismus
heiligt und sichert diese ab. Die Vielschichtigkeit
und nur die, dient der Kommunikation und der
Toleranz.
Lieben kann in Wirklichkeit nur jemand,
der andere toleriert und gleichzeitig gegen alle
kämpft die andere nicht tolerieren.
Tatsächlich äußert sich Toleranz passiv (d.h.
andere tolerieren) und aktiv (kämpfen gegen die
intoleranten).
Trotz seiner pompösen Predigten ist das
Christentum, sowohl als Gemeinschaft wie auch als
Individuen, die ihn ausmachen, wegen seiner
Angsterfülltheit und Unsicherheit, völlig unfähig
andere zu tolerieren und (anderen was 1) anzubieten,
sondern versucht überall seine Kopien zu erschaffen
und Güter und menschliche Seelen an sich zu reißen.
Die Gefälligkeit ist als Begriff angsterfüllten
Menschen völlig unbekannt. Die wirkliche
Gefälligkeit ist fürs Christentum völlig
unverständlich.
Es ist unmöglich, dass jemand offen ist
oder Ausgeglichenheit, Freundlichkeit, innere Ruhe
und Freude fühlen kann, wenn er sich ständig alle
möglichen Gefahren von seiner Umwelt von
andersartigen, andersreligiösen Menschen und
von einem angeblichen „Satan“ vorstellt.
Toleranz setzt gutes Wissen der
kosmischen und menschlichen Sachen voraus und
Vertrauen in das Sein. Nur die starke Orientierung
an das ganze Wesen (ganzes Wesen = der
lebendige, alles beinhaltende, bewusste, ewige
Organismus, dessen unendlich kleine Teile wir alle
und alles was es gibt sind 1) und die Anerkennung
der Heiligkeit der Natur (sei es über die
griechische Philosophie und Humanismus, oder über
eine gesunde polytheistische Religiosität) kann die
Grenzen der Toleranz gegenüber andersartigen oder
gegenüber des Lebens als solches verstärken .
Vlassis G. Rassias
1 vom Übersetzer zum
besseren Verständnis zugefügt
2
individualisierte Persönlichkeit = die Person.
Der Terminus Person war in seiner heutigen Form den
Menschen unbekannt. Die Menschen sahen sich immer
als Teil ihrer Familie, Polis oder anderer
Gemeinschaftsformen an. Die „Person“ fand
Einzug im europäischen Kulturraum (und darüber
hinaus)mit dem Durchsetzen des Christentums und des
„persönlichen“ Gottes der Juden/Christen.(vom
Übersetzer zugefügt)
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